Der Theaterbesuch der Willkommensklasse
Was hat uns gefehlt in den letzten beiden Jahren? War es das Gefühl, unbeschwert zusammen zu sein? War es die Aufregung, zu einem Ort zu fahren, an dem wir noch nie gewesen sind? War es, in eine fremde Welt einzutauchen, die bunter, aufregender und lustiger erscheint als unsere?
Nicht alles haben die Kinder der Willkommensklasse verstanden in dem Stück „Was?“ von Schorsch Kamerun, manchmal nur einzelne Worte wie „Fisch“ oder „Tür“ oder „träumen“. Es muss ihnen ganz schön verrückt vorgekommen sein, die beiden Videoleinwände, Türen, die von draußen aufgingen, Schauspieler*innen, die aus dem Publikum aufstanden und auf der Bühne performten, Tänzer*innen in Biber-, Kukeri- und Zahnpastakostümen.
Wenn ein Theaterstück ein bisschen ist wie ein Multimedia-Konzert, dann muss man nicht alles „verstehen“. Sprache ist hier – und das mag eine beruhigende Erfahrung sein, wenn man ohnehin meistens in einem Sprachbad schwimmt, in dem man nur einzelne Wörter und Sätze versteht – ein Element wie Musik, wie Farben, wie Bilder und Geräusche.
Und trotzdem kann man lachen über einen Mann, dem die Hosen herunter gezogen werden, über grüne Tänzer, die über die Bühne hüpfen, über die „Frau ohne Haare“ (eine Außerirdische), die Diebin Frau L. oder den Kaufhausdetektiv Stefan. All diese Figuren haben die Kinder genannt, als wir sie gefragt haben, was ihnen besonders gut gefallen hat.
In dem Stück kommen Außerirdische auf die Erde und wollen wissen, wie es auf unserem Planeten so zugeht. Und wie Außerirdische haben wir uns gefühlt, als wir aus dem Theater in das sanfte Novemberlicht nach draußen traten, wie beschwipst von der Musik, dem Tanz und den Bildern. All das hat uns gefehlt in den letzten Jahren und es wird uns weiterhin fehlen.
Doch wie schön es ist, wie befreiend, etwas zu machen, was nichts mit dem normalen Alltag zu tun hat, nichts mit den Sorgen und Schwierigkeiten und der Anspannung, die auch unsere Kinder leider schon so lange begleiten.
Vielleicht ist es das, was uns jetzt helfen kann: Dinge zu sammeln, wie Seifenblasen der Freude, die uns glücklich machen.
Leonie Bongartz