Gesellschaftswissenschaften
Besuch eines Zeitzeugen
Am 6. Juni 2019 war Herr Selbiger, ein Zeitzeuge, bei uns zu Besuch. Er hat aus der Zeit von Hitler erzählt. Er ist ein Jude. Der Vater war Jude und die Mutter Christin.
1934 wurde er mit 6 Jahren in die Volksschule Sonnenallee eingeschult. Er war der einzige Jude in der Klasse. Es war eine schwere Zeit für ihn, denn es war erlaubt, Juden zu ärgern, zu beleidigen, zu bespucken und schlimme Sachen mit ihnen zu machen. Die Lehrer fanden es gut.
Juden durften auch kein Abitur machen.
1938 wechselte er auf die Mittelschule der Jüdischen Gemeinde in die Große Hamburger Straße. Hier waren nur jüdische Schüler und viele wunderbare jüdische Lehrer. Keiner wurde mehr ausgegrenzt und hier lernte er auch ein Mädchen namens Esther kennen, die sein Traummädchen war.
1942, kurz bevor alle jüdischen Schulen geschlossen wurden, wollten die Schüler ein Theaterstück aufführen, in dem es darum ging, dass Juden schon in biblischer Zeit, also vor ca. 2500 Jahren, verfolgt wurden. Esther, eine mutige jüdische Frau und Königin, konnte damals durch ihre Klugheit verhindern, dass König Hamam alle Juden tötete. Esther spielte Esther, aber aufgeführt wurde das Stück nie, denn keiner wollte die Rolle des Königs spielen und am 29. Juni 1942 wurden alle jüdischen Schulen geschlossen.
Die Schüler der jüdischen Schulen wurden nun zu Zwangsarbeit verpflichtet. Herr Selbiger musste Flugzeugteile in einer kochenden, sehr giftigen Flüssigkeit sauber machen. Für diese schwere Arbeit erhielten Juden im Gegensatz zu den nicht jüdischen Arbeitern keine bessere Verpflegung. An einem ganz normalen Arbeitstag stürmte die SS in die Fabrik, in der Herr Selbiger arbeitete. Sie nahmen alle Juden mit, schubsten und schlugen sie und trieben sie mit Peitschen auf LKWs. Viele Menschen auf der Straße klatschten Beifall. Alle wurden in ein Sammellager gebracht, wo es in den Räumen so eng war, dass die Menschen immer abwechselnd liegen oder sitzen konnten oder stehen mussten. Keiner wusste, was passieren würde. Doch alle hatten eine Ahnung – und Todesangst. Zufällig traf Herr Selbiger Esther in diesem Sammellager wieder und sie hielten ihre Angst zusammen aus. Doch sie ahnten auch, dass etwas Schreckliches passieren würde.
Esther wurde wenige Tage später abtransportiert und später ermordet.
Dann kam es zu einer Demonstration von christlichen Frauen und Männern, die mit Juden oder Jüdinnen verheiratet waren. Auch Herrn Selbigers Mutter war dabei. So kam er schließlich frei.
Er musste wieder schwere Zwangsarbeit verrichten, aber er lebte!
Mia und Nia, Klasse 5b